Die Schola

Kaiser Maximilian I. hat Ende des 15. Jahrhunderts Kapellknaben für seine Hofkapelle in Wien – nach burgundischem Vorbild – institutionalisiert. Nach dem Zusammenbruch der Habsburger Monarchie wurde diese Jahrhunderte lange Tradition durch die Gründung der Wiener Sängerknaben im Jahr 1924 fortgeführt. Das Weiterbestehen des heute weltberühmten Knabenchores ist dem damaligen Rektor der Wiener Hofburgkapelle, Josef Schnitt, zu verdanken.

Monsignore Schnitt hat drei Jahrzehnte später die Gründung zweier Ensembles für ehemalige Wiener Sängerknaben angeregt und somit ein zweites Mal einen bleibenden Markstein im Wiener Musikleben gesetzt:

  • So singen seit 1952 ehemalige Wiener Sängerknaben einerseits als Choralschola der Wiener Hofburgkapelle bei der sonntäglichen Messfeier in der Wiener Hofburgkapelle, welche vom Ensemble Wiener Hofmusikkapelle gestaltet wird.
  • Andererseits liefert seither eine Gruppe ehemaliger Wiener Sängerknaben als Chorus Viennensis - in Ergänzung zu den Sopran- und Altstimmen der Knaben - die Tenor- und Bassstimmen. Daneben tritt der Männerchor auch als eigenständiger Klangkörper in Erscheinung.

In den Anfangsjahren bestand die Schola aus zehn Sängern; gesungen wurden nur Introitus, Communio und Responsorien, ab etwa 1970 das gesamte Proprium.

1954
1963
1985

Die intensive Aufbauarbeit mit Pater Hubert Dopf S.J. und die allsonntägliche liturgische Praxis der Choralschola sind in sechs international beachteten CDs (unter dem Titel "Gregorian Chant for the Church Year") dokumentiert. Von diesen Aufnahmen wurde für den Film "Illuminati" (Originaltitel: "Angels & Demons"), der 2009 in Kinos weltweit zu sehen war, Musik verwendet. Klicken Sie hier, um einen kurzen Film-Ausschnitt zu sehen.

Beginnend mit dem Gregorianik-Boom der 1990er-Jahre gab es zahlreiche Konzerteinladungen zu Festivals im In- und Ausland (Spanien, Deutschland, Polen, Belgien, Schweiz); Details siehe Vergangene Termine. Das Programm der meditativen Konzerte wurde mit Gregorianischen Gesängen in Verbindung mit geistlicher Lyrik oder Instrumentalmusik (Orgel, Gambe oder Harfe) gestaltet. Inzwischen kann die Choralschola der Wiener Hofburgkapelle auf eine Erfahrung von mehr als 70 derartigen Konzerten zurückblicken.

Notenbeispiel mit Hörprobe:
Gaudium mundi (von der CD Marienleben / Salve Regina [Gregorian Chant for the Church Year])

Die Erfolge und das internationale Ansehen haben 1994 zur Eingliederung der Choralschola der Wiener Hofburgkapelle in das künstlerische Ensemble Wiener Hofmusikkapelle geführt. Zu diesem Ensemble zählen auch die Wiener Sängerknaben, Mitglieder des Herrenchors der Wiener Staatsoper sowie Mitglieder der Wiener Philharmoniker.

Zur kontinuierlichen Erfüllung der Aufgaben umfasst die Schola einen Kader von 25 Sängern, von denen bei der Liturgie zwölf und bei Konzerten jeweils 15 zum Einsatz kommen.

1994
2006
2014

Im Altarbereich stehend, singt die Choralschola ohne Dirigat, um den liturgischen Erfordernissen gerecht zu werden. Das "Aufeinanderhören" und die musikalische Führung durch drei Kantoren sind die entscheidende Basis dafür. Üblicherweise singt die Schola aus dem Graduale Novum. Die Sänger können also die Quadratnotation und Neumenschrift lesen. Für neue Ensemblemitglieder gibt es hierfür zunächst eine Einschulung. Die künstlerische Leitung des Ensembles liegt seit jeher bei Fachleuten für Gregorianik. Das ermöglicht eine wissenschaftlich fundierte, lebendige und differenzierte Ausführung der im ersten Millennium entstandenen höchst entfalteten Kunst der Einstimmigkeit.

Notenbeispiel mit Hörprobe:
Ascendit Deus (von der CD Vokal- und Orgelmusik zum Osterfest)

Geistliche Musik der Renaissance im Rahmen der Wiener Hofmusikkapelle

Neben der Gregorianik widmete sich die Choralschola der Wiener Hofburgkapelle zwischen 2002 und 2009 in Zusammenarbeit mit René Clemencic, einem herausragenden Kenner der "Alten Musik", Werken der Gründungszeit der Maximilianischen Hofkapelle des 15. und 16. Jahrhunderts (u.a. Musik von Josquin Desprez oder Heinrich Isaac). Dem historischen Vorbild folgend, wurden für den Diskant Knabenstimmen (aktive Wiener Sängerknaben) herangezogen. Darüber hinaus wurde aus der originalen weißen Mensuralnotation gesungen, die keine Taktstriche und keine Partitur kennt.

Notenbeispiel mit Hörprobe:
Josquin Desprez - O Domine I. (von der CD Vokal- und Orgelmusik zum Osterfest)
[Wiener Sängerknaben, Choralschola der Wiener Hofburgkapelle]